13. Juni 2004: Als der Glücksbringer ging, schoss der SV Yeni Genclik am Aufstieg vorbei

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Mitte Juni 2004 sorgte der SV Yeni Genclik für Schlagzeilen: Für die professionelle Vorbereitung auf das Entscheidungsspiel gegen Wanne 11 im Goldschmiedingpark, die Niederlage in Herne sowie die „Kampfansage“, einen neuen Anlauf zu nehmen. © Lukas / Montage Hasken

(aus den Ruhr Nachrichten vom 13. Juni 2019 / Autor: Jens Lukas)

Heute vor 15 Jahren klopfte der SV Yeni Genclik an die Bezirksliga-Tür. Dabei hatten die Kicker vom Fuchsweg Unterstützung von einem ihrer Vorbilder. Die Hilfe wirkte aber nur 120 Minuten.

An Dramatik war das Fußball-Spiel kaum zu überbieten, über das diese Zeitung im Lokalsport-Teil vor 15 Jahren berichteten. Der Artikel war am 14. Juni 2004 überschrieben mit den Worten „Tränen flossen in Strömen“.

Mit einem Schuss war die Arbeit eines ganzen Jahres zunichte gemacht. Das schoss den Fußballern des SV Yeni Genclik direkt nach dem 5:7 (3:3/2:2/2:0) nach 90 Minuten, Verlängerung und Elfmeterschießen gegen den SV Wanne 11 durch den Kopf. Die Wanne-Eickeler zogen als Sieger des Entscheidungsspiels der beiden punktgleichen Kreisliga-A-Spitzenreiter jubelnd in die Bezirksliga ein. Der türkische Club vom Fuchsweg stand „mit leeren Händen“ da und musste in der Kreisliga A weiterspielen.

Probleme trotz 2:0-Führung

Der Sportliche Leiter Turhan Ersin

Der Sportliche Leiter Turhan Ersin

Der Sportliche Leiter Turhan Ersin. Foto Jens Lukas

„Wir haben in der ganzen Saison auch bei Niederlagen keine Probleme mit den Schiedsrichtern gehabt. Aber heute haben der Schiedsrichter und seine Assistenten uns benachteiligt“, hatte der damalige sportliche Leiter, Turhan Ersin, nach der 2:0-Führung zur Pause auf dem Ascheplatz der SG Herne 70 gesagt.

Die Yeni-Akteure und ihre zahlreichen Fans unter den rund 1800 Zuschauern(!) schwammen 130 Minuten lang durch ein „Wellenbad der Gefühle“. Drei Mal hatten sie geführt: zur Halbzeit, in der Verlängerung und auch während des Strafstoßschießens. Mit einem Bein stand die Mannschaft von Trainer Volker Krumtünger also bereits in der Bezirksliga. Sie vergaßen allerdings, das zweite Bein nachzuziehen.

Eigentlich hatten die Genclik-Kicker einen Glücksbringer mit dabei: Krumtünger hatte als Motivator vor und während des Spiels Ergin Ersoy gewinnen können. Er war ihr Vorbild und letzter Aufstiegs-Kapitän von Genclik, Ergin Ersoy (zuvor Regionalliga-Spieler bei der Spvg Erkenschwick/3. Liga). Ersoy hatte im Jahr 2000 als Spielertrainer Yeni in die Kreisliga A geführt.

Ergin Ersoy erinnerte sich am Mittwoch an seine Hilfe: „Ich war als mentale Unterstützung auf Volker Krümtüngers Wunsch dabei. Ich habe die Saison noch beim Wuppertaler SV gespielt.“ Das Dilemma war, dass die Partie nach 90 Minuten noch nicht entschieden war. Ersoy: „Ich musste während der Verlängerung, direkt nach dem Führungstreffer zum 3:2, zu einem Termin. Weil Genclik überlegen gespielt hat, war ich felsenfest davon überzeugt, dass der Aufstieg in trockenen Tüchern war. Umso enttäuschter war ich, nach dem ich das Endergebnis gehört habe.“

In der ersten Minute des Spiels hatte Mohammed Tiris einen an Sedat Olgunsoy verwirkten Freistoß knapp über das Tor gesetzt. Wenig später machte es Erkan Gül, der heutige Trainer von Eintracht Ickern (Kreisliga B) mit dem 1:0 (9.) besser. Einen Flankenball von Olgunsoy köpfte der Goalgetter über den heraus eilenden Wanner Keeper ins Netz. Diesen Treffer hielt der Reporter dieser Zeitung im Foto fest.

2:0 als Kopie des 1:0​

Auf der Gegenseite warf sich Tiris erfolgreich in einen Schuss der Nachbarstädter (15.). Das 2:0 (31.) war eine „Kopie“ des ersten Treffers. Olgunsoy hatte vorgelegt und Gül die Unsicherheit des Torwarts mit dem Kopf genutzt.

Die Genclik-Akteure fühlten sich zur Pause wie die Sieger. In der zweiten Halbzeit wurden sie eines Besseren belehrt: Wanne 11 glich durch einen Sonntagsschuss sowie einen Torwartfehler verdient zum 2:2 (53./75.) aus. Noch vor dem Ende der 90 Minuten verabschiedete sich der vormalige Castrop-Rauxeler Ralf Schneider (VfB Habinghorst, FC Frohlinde, VfR Rauxel) in Reihen der Wanne-Eickeler mit „Gelb-Rot“ wegen Foulspiels. Zu Beginn der Verlängerung konnte Genclik die Überzahl zum 3:2 (100.) nutzen. Sedat Olgunsoy drosch aus spitzem Winkel das Leder in die Maschen.

Rot gegen Taubstummen​

Yeni-Trainer Volker Krumtünger (l).- Foto Jens Lukas

Danach verstanden die Castrop-Rauxeler die Welt nicht mehr: Der dritte Wanner Sonntagsschuss führte zum 3:3 (107.). Danach muss der taubstumme(!) Tiris wegen Meckerns(!) das Feld verlassen. Das Unentschieden nach 120 Minuten brachte Genclik mit Glück und Geschick über die Zeit.

Im Elfmeterschießen setzte der erste Wanner Schütze den Ball neben das Tor. Danach traf Aziz zum 4:3. Nach dem 4:4 setzte Hamid El Quanjli das Leder satt an den Pfosten. Olgunsoy fand im Anschluss im Torwart seinen Meister. Wanne 11 ging mit 6:4 in Führung. Memis Karayel verkürzte zwar auf 5:6. Mit dem 7:5 verdienten sich allerdings die Wanner den Aufstieg, die Trecker-Fahrt nach Hause sowie den tags darauf beginnenden Aufenthalt auf Mallorca.

Am Sonntagmorgen waren die Fußballer des SV Yeni Genclik noch optimistisch und hoch konzentriert gewesen Beim Spaziergang durch den Goldschmieding-Park strotzten die Mannen von Fuchsweg voll Selbstvertrauen, den größten Erfolg in der 14-jährigen Geschichte ihres Vereins perfekt zu machen.

Schließlich hatten ihnen die Mannschafts-Verantwortlichen, Turhan Ersin und Pampal Ümit, durch das Herumreichen der Club-Chronik ihre Vorgänger vorgestellt. Im Schatten des Schloss-Hotels begegneten die aktuellen Kicker ihrem Vorbild Ergin Ersoy. Er erzählte ihnen die Geschichte vom Aufstieg im Jahr 2000 – auch im Entscheidungsspiel. Damals durch ein 5:2 gegen den RSV Wanne II.

Nach dem Duell mit dem RSV hatte Ersoy den Optimismus in seinem Verein gedämpft: „Von der Bezirksliga darf man nur träumen!“, wurde er in der Zeitung zitiert. Dass diese Aussage einmal einen solch bitteren Wahrheitsgehalt bekommen würde, hatte auch er nicht gerechnet. Zumal er in der Pause zur zweiten Halbzeit der Verlängerung selbst auf den Plan trat und seine vormaligen Teamkameraden lautstark in die Pflicht nahm, wieder engagiert und taktisch klug zu Werke zu gehen. Auch diese Szene hatte der Zeitungsfotograf festgehalten.

Prompt aufgestiegen​

Gleich das erste Jahr seiner Geburt war für den SV Yeni Genclik von Erfolg gekrönt: Mit 56:0 Punkten sowie 172:11 Toren wurde der türkische Club Meister der Kreisliga C. Auf den ersten Gegentreffer von Genclik-Keeper Martin Kirschnick wurde am zehnten Spieltag gar eine Pokal-Prämie ausgelobt – vom eigenen Verein selbst.

Der Bezirksliga-Aufstieg glückte dem SV Yeni zwölf Monate nach dem tränenreichen Aufstiegsspiel. Genclik holte 71 von 90 möglichen Punkten und schoss dabei 86:41 Tore.

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